Anleitung zur Disruptiven Innovation: Produkte für Afrika
Kürzlich hat die Zeit geschrieben, "der deutsche Mittelstand könnte zum idealen Entwicklungshelfer" für Afrika werden. Wir möchten dem Artikel einen weiteren Aspekt hinzufügen und argumentieren, dass ein Engagement in Entwicklungs- oder Schwellenländern sinnvoll sein kann, um disruptive Innovationen auch für den europäischen Markt zu entwickeln. Der Schlüssel dazu: Verknappung der Ressourcen.Stefan Liebing schreibt auf Zeit Online, "unsere Firmen sind deutlich risikosensibler als andere Wettbewerber". Aus diesem Grund schlägt er eine Projektentwicklungsversicherung vor. Als Vorsitzender des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft darf man Liebing als Afrika-Experten bezeichnen; allein schon deshalb ist sein Vorschlag zur Kenntnis zu nehmen und als Lösungsvorschlag ernsthaft zu diskutieren. Aber aus der Sicht eines in Deutschland tätigen mittelständischen Unternehmens klingt mir das nach zuviel deutschem Habitus. Wir wollen kein Risiko, also kaufen wir eine Versicherung. Mich stört daran die Mentalität. Ich vermisse das Unternehmerische. Deshalb ein anderer Denkansatz: Disruptive Innovationen durch Verknappung der RessourcenBereits vor rund 20 Jahren hat Clayton Christensen in seinem Buch über Disruptive Innovation den Begriff der Reversen Innovation, der Innovationsprozesse in Entwicklungs- und Schwellenländern bezeichnet, aufgegriffen. Nach Christensen sind disruptive Innovationen dadurch gekennzeichnet, dass sie technisch einfacher gestaltet sind und weniger Leistung besitzen als vorhandene Produkte. Sie adressieren Märkte in denen die Zielgruppe eine geringere Leistung akzeptiert, aber auch weniger zu zahlen bereit ist. Solche Märkte findet man in Entwicklungs- und Schwellenländern. Christensen nennt auch Beispiele, etwa medizinische Geräte, die General Electric in Indien und China entwickelte. Daraus entstanden z.B. EKG-Geräte, die 80% weniger kosten als Geräte aus dem vorhandenen Produktkatalog. Oder ein Ultraschallgerät, das nicht 100.000 Dollar, sondern nur 15.000 kostete.Solche Entwicklungen finden in den Heimatmärkten nicht statt, weil die Kunden dort bereit und in der Lage sind, die höheren Preise zu zahlen - und vor allem: weil sie die damit verbundene höhere Leistung erwarten. Das spannende an den Beispielen: Die im Ausland entwickelten Produkte finden durchaus ihren Weg zurück in den Heimatmarkt. Christensen: "Das Produkt wurde auch in den USA verkauft und kam in Rettungswagen und Notaufnahmen zum Einsatz, wo diese einfachen und billigen Produkte für einige Anwendungen durchaus ausreichend waren."Stefan Liebing deutet in seinem Artikel einige disruptive Innovationen zumindest an. Er schreibt: "Handy statt Festnetz, Zahlung per Mobilfunk statt über Bankfilialen, zahlreiche kleine Solaranlagen statt großer Kraftwerke: Viele Länder Afrikas erleben seit Jahren einen so beachtlichen Aufschwung, dass sie ganze technologische Entwicklungsstufen einfach überspringen."Ich stimme nicht zu, dass hier Entwicklungsstufen übersprungen werden. Vielmehr erkenne ich Muster der Disruption. Ein Beispiel: Die Zahlung per Mobilfunk hat sich bei uns noch nicht durchgesetzt, weil wir eine funktionierende Zahlungsinfrastrukur haben. Dazu gehören auch die Banken und Bankautomaten. Wenn ich einen persönlichen Ansprechpartner möchte, finde ich ihn in jeder Filiale, unterwegs finde ich immer einen Bankautomaten, um an Bargeld zu kommen, und meine Zeitung kann ich mit EC bezahlen, weil der Kiosk ein Lesegerät besitzt. Das Zahlen per Handy verbessert diese Vorgänge offensichtlich nicht genug, um breit akzeptiert zu werden. Anders in Nigeria, wo Bauern per Handy bezahlen. Das Verfahren trägt dort dazu bei, die Korruption bei der Verteiluung landwirtschaftlicher Betriebsmittel zu unterbinden. - Eine ganz andere Situation, ein ganz anderer Nutzen. Kann man das System hier einsetzen? Nein, denn wir wollen nicht "mittels staatlich ausgegebener elektronischer Gutscheine auf [unseren] Mobiltelefonen" bezahlen. Aber aus solchen Produkten kann mehr werden. Man kann sie weiterentwickeln, leistungsfähiger und sicherer machen. Und dann kann daraus ein Produkt auch für andere Märkte werden. Was kann der deutsche Mittelstand damit anfangen?Eine These: Man verlagere die Entwicklung neuer Produkte in eine eigene Organisationseinheit. Ganz im Sinne Christensens entwickelt diese Einheit Produkte für bisher nicht bediente Märkte in Schwellenländern. Die Randbedingungen verlangen nach einfachen, billigen Lösungen, die sich aber schnell rechnen. Die Margen sind niedrig, aber es sollten schnell schwarze Zahlen geschrieben werden. Eventuell werden die Gewinne so gering sein, dass sie für das Mutterunternehmen nicht interessant sind. Aber wenn das Tochterunternehmen das Produkt weiterentwickelt, kann daraus ein lukratives Geschäft für den deutschen oder europäischen Markt werden.
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